25 Jahre „Oxhoft“

Seit 1991 füllt BIrgit Braunstein ihre rote Topcuvée. Wir nehmen dies zum Anlass für eine Retrospektive. Namensgebend ist der altdeutsche Ausdruck für „kleines Eichenfass“.

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Die Geschichte des Oxhoft ist ein Spiegelbild der österreichischen Weinphilosophie. Vor einem Vierteljahrhundert war es „en vogue“, dem großen Vorbild „Bordeaux“ nachzueifern. Paul Braunstein und seine Tochter Birgit verbrachten einige „Lehrmonate“ in St.-Émilion (Graf Neipperg, Ausone). Birgit Braunstein war bei der Genesis des Oxhoft von Anfang an mit dabei und zeichnet ab dem Jahrgang 1996 allein für die Cuvée verantwortlich.

Tradition und Moderne

oxhoft 1Das Familienweingut besteht mittlerweile fast 400 Jahre. Rund um Purbach, westlich des Neusiedlersees, werden an den Hängen des Leithagebirges aus 22 Hektar etwa 100.000 Flaschen jährlich produziert. Birgit Braunstein hat aber so gut wie alles „umgekrempelt“. Sie bezeichnet sich selbst als „Winzerin aus Leidenschaft“ und jeder, der sie kennt, kann dies nur bestätigen. Nach ihrer Ansicht hängen 90 % der Qualität des Weines von der konsequenten Arbeit im Weingarten ab, die restlichen 10 % würden im Weinkeller bestimmt. Die Weingärten werden naturnah ohne Pestizide bewirt- schaftet. Der einzig notwendige Eingriff im Weingarten bestehe in der Ertragsreduktion. Der Oxhoft wird seit 2008 biologisch und seit 2011 biodynamisch gezogen. In fast wissenschaftlicher Penibilität achtet Birgit auch auf die Höhe der Traubenzone und der Blattwand, um die Zuckerreife zu optimieren.

Weiblichkeit.pur

Erfreulicherweise hat Birgit Braunstein auch das Glück der Tüchtigen, da ihre Weingärten in Spitzenlagen entlang des Leithagebirges gelegen sind, wo Schiefer, Muschelkalk und Quarz das Terrain für Spitzenweine im wahrsten Wortsinn „bereiten“. Bekanntermaßen sorgt hier das Wechselspiel zwischen den vielen Sonnenstunden und den warmen Winden einerseits sowie der kühlen Nachtluft vom waldigen Leithagebirge andererseits für ideale Bedingungen. Mittlerweile ist sie eine der meistprämierten Winzerinnen Österreichs, vor allem für den Oxhoft, den Lagenzweigelt Goldberg und den großartigen Thenau, vormals Blaufränkisch Felsenstein. Im Keller herrsche, so Birgit, „Weiblichkeit pur“. Die Weine werden ausschließlich von Frauenhand gekeltert. Ihre Kellermeisterin Adriana Gonzalez studierte in Spanien Önologie und macht mittlerweile mit ihrem Lebensgefährten Martin Lichtenberger selbst bemerkenswerte Weine. Im Keller werden die handgelesenen Trauben gerebelt und in Holzgärständern, im Stahltank oder sogar im offenen Bottich vergoren. Oxhoft.pur So wurden auch die ersten sechs Jahrgänge des Oxhoft noch im offenen Bottich vergoren.

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oxhoft 2So wurden auch die ersten sechs Jahrgänge des Oxhoft noch im offenen Bottich vergoren, ab 1997 erfolgte eine Umstellung auf Stahltankvergärung; 2007 wechselte Birgit zu Holzgärständern, da sie sich davon bessere Resultate verspricht. Seit 2009 werden mit großem Erfolg Naturhefen zur Vergärung eingesetzt. Die Zusammensetzung der einzelnen Weine entnehmen Sie bitte den Kostnotizen, da im Weingut immer exakt Buch geführt wurde. Entsprechend seinem Namen erfolgt der Ausbau natürlich im kleinen Eichenfass. Die Weine wurden anfänglich ein Jahr im Barrique gelagert, dann wurde der Holzausbau auf 2,5 Jahre hochgefahren; seit dem Jahrgang 2011 sind es zwei Jahre. Seither sind auch geringe Mengen Merlot im Wein. Geschmacklich bemerkenswert ist die elegante, geradezu vornehm zurückhaltende „Cabernet-Ausprägung“. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass der Cabernet im Weingut Braunstein auf exponierten Kalkböden angebaut wird. Sein Anteil wurde sukzessive auf nunmehr etwa 20 % „zurückgefahren“. Im Vergleich zu anderen österreichischen Spitzencuvées mit Cabernet-Anteil, die selbst bei geringem Prozentanteil sehr stark von dieser Traubensorte geprägt sind, fiel bei unserer Verkostung auf, dass sich der Cabernet sehr gut integrierte. Die Bodenstruktur „puffert“ offenbar die spezielle „Dominanz“. Auch in heißen Jahrgängen zeigt sich der Oxhoft elegant und frisch; auch dies dürfte der Gunst der Kalkböden geschuldet sein. Umgekehrt gelangt er auch in kühleren Jahren zu ausreichender Reife. Die Weingärten wurden 1986 ausgepflanzt und haben daher inzwischen auch schon ein beachtliches Alter erreicht, das dem Wein guttut.

Vielfalt.pur

Die Verkostung zeigt eine beachtliche Konstanz der Qualität. Die Jahrgänge 1997, 1999, 2004, 2009, 2011 und 2012 sind meines Erachtens im „4 Gläser“-Bereich angesiedelt (2003, 2007 knapp dahinter) und haben teilweise gar noch Potenzial nach oben (vor allem 2009 und vielleicht 2011). Auch in kühleren Jahren zeigt sich der Wein elegant und erstaunlich frisch. Ab 1997 sind praktisch keine Tertiäraromen im Wein spürbar und die meisten Weine haben ihren Zenit noch nicht annähernd erreicht. Der Oxhoft ist zweifellos eine der großen österreichischen Cuvées, die sich an der Leistungsspitze bewegen; erfreulicherweise orientiert sich der Preis nicht an vergleichbaren Spitzenprodukten, sondern ist bei aktuell 22,– Euro ab Hof im besten Sinn des Wortes „wohlfeil“

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CR Alexander Magrutsch und Wolfgang Kiechl verkosteten gemeinsam mit Birgit Braunstein alle noch verfügbaren Jahrgänge vom roten Oxhoft. Die Verkostung fand am 29.08.2014 am Weingut und im Restaurant „Paulis Stube“ (bei hervorragender Speisenbegleitung – www.braunstein.at) statt (BF = Blaufränkisch, CS = Cabernet Sauvignon, ME = Merlot, ZW = Zweigelt).

1991 Oxhoft
20 % ZW, 40 % BF, 40 % CS. 1 Jahr Barrique. Leider war von dieser ersten Cuvée keine Flasche mehr vorhanden.

1992 Oxhoft
15 % ZW, 45 % BF, 40 % CS. 1 Jahr Barrique, 12,5 % Alkohol. Sehr tertiär bestimmt: Tabak, Thymian, Hustensaft. Ungemein würzig (Nelke!) und zugänglich. Zwetschkenfrucht und ein süßer Kern waren noch vorhanden.

1993 Oxhoft
100 % CS. 1,5 Jahre Barrique. In diesem Jahr wurde ein sortenreiner Cabernet gefüllt. Der Wein zeigt sich saftig frisch und erstaunlich „jung“. Minze, Eukalyptus, später Cassis. Floraler Geranien-Duft. Salzige Mineralität (Kalk!).

1994 Oxhoft & 1995 Oxhoft
Kein Oxhoft gefüllt.

1996 Oxhoft
20 % ZW, 40 % BF, 40 % CS. 1 Jahr Barrique. Ernte: 1. bis 17.10. Ein erstaunlich gutes Resultat für das extrem schwierige Jahr. Kirschfrucht. Saftig und präsent. Holzeinsatz spürbar. Selchig – Schwarzkohle. Mehr als nur genießbar und durchaus erfreulich.

1997 Oxhoft
20 % ZW, 40 % BF, 40 % CS. 1,5 Jahre Barrique. Ernte: 4. bis 16.10. Ein wahrlich makelloser Wein. Noch nicht am Zenit. Mundfüllend, reif, präsent. Brombeerfrucht. Extrem saftig und frisch. Wird mit der Luft immer besser.

1998 Oxhoft
20 % ZW, 40 % BF, 40 % CS. 1,5 Jahre Barrique. Ernte: 26.9. bis 13.10. Leichtfüßig und verspielt. Kühle, elegante Aromatik. Tannine nicht superreif, aber „angenehm“. Im Geburtsjahr ihrer Zwillingssöhne gab Birgit Braunstein das „Beste“ und legte sich einige Flaschen zurück. Keine Cabernet-Dominanz, zarte Johannisbeer-Anklänge. Praktisch keine tertiären Aromen.

1999 Oxhoft
25 % ZW, 40 % BF, 35 % CS. 1,5 Jahre Barrique. Ernte: 23.9 bis 14.10. Edelstoffig. Samtig. Zedernholz, Mokka. Es dominieren hier die Röstaromen. Reife Struktur. Zwetschke, später schokoladig. Leicht malzig. Sehr einladend und bereits antrinkbar.

oxthof-bottles2000 Oxhoft
25 % ZW, 40 % BF, 35 % CS. 2 Jahre Barrique. Ernte: 13. bis 26.9. Leider war weder auf dem Weingut noch in „Paulis Stube“ eine Flasche verfügbar.

2001 Oxhoft
30 % ZW, 45 % BF, 30 % CS. 1,5 Jahre Barrique. Ernte: 19.9. bis 17.10. Sehr engmaschig. Wirkt sehr dicht. Vegetabile Aromen, gute Säurestruktur (deutlich über 5 g/l). Sanddorn. Braucht noch einige
Jahre an Reife.

2002 Oxhoft
30 % ZW, 40 % BF, 30 % CS. 1,5 Jahre Barrique. Ernte: 17.9. bis 3.10. Jahrgangsbedingt leichter und verspielter als sein Vorgänger. Kirsche, später Kakaobohne (Schokolade ohne Süße!). Blutorange. Leichtgewichtig und elegant. Schon antrinkbar.

2003 Oxhoft
30 % ZW, 50 % BF, 20 % CS. 2 Jahre Barrique. Ernte: 4.9. bis 9.10. Kein Saftabzug. Ein sehr gutes Resultat im Hitzejahr. Weichsel. Vanillezucker. Im besten Sinn „viskos und likörig“. Alexander Magrutsch erkennt „Duftreis“ im Wein. Relativ mäßige Gerbstoffe für das Jahr. Salzig. Bereits trinkbar.

2004 Oxhoft
20 % ZW, 50 % BF, 30 % CS. 2 Jahre Barrique. Ernte: 8. bis 22.10. Opak und extrem engmaschig. Viel zu jung. Braucht noch viele Jahre Flaschenreife. Tannin seidig. Kirsche, Würze, Wacholderbeere,
Baumharz.

2005 Oxhoft

Kein Oxhoft gefüllt.

2006 Oxhoft
30 % ZW, 50 % BF, 20 % CS. 2,5 Jahre Barrique. Ernte: 19.9. bis 11.10. Fein ziseliert und mürbe, wieder Kakaobohne. Blutorange. Schmeichelnd, ohne überbordend und opulent zu sein. Bereits antrinkbar.

2007 Oxhoft
30 % ZW, 50 % BF, 20 % CS. 2,5 Jahre Barrique. Ernte: 14.9. bis 11.10. Markante Säure, würzig, Vanille-Töne. Tiefe Kirschfrucht. Holzintegration noch nicht abgeschlossen. Sehr prägnant und jung. Benötigt noch einige Jahre Flaschenreife.

2008 Oxhoft
Kein Oxhoft gefüllt.

2009 Oxhoft
25 % ZW, 55 % BF, 20 % CS. 2,5 Jahre Barrique. Ernte: 11.9. bis 9.10. Mein Lieblingswein in der Serie. Extrem weich und samtig. Schmeichelnd und fordernd. Opulent, aber nicht überbordend. Keinesfalls „overextracted“. Wieder Schokolade, Nougat, Kakaobohne. All dies gepuffert durch salzige Mineralität. Großartig.

2010 Oxhoft

Kein Oxhoft gefüllt.

2011 Oxhoft
20 % ZW, 50 % BF, 10 % ME, 20 % CS. 2 Jahre Barrique. Ernte: 16.9. bis 4.10. Im Unterschied zum Jahr 2009 zurückhaltender und deutlich weniger opulent. Dabei feine Eleganz, herrliche Kräuter-Würze. Hier steht die außerordentliche Struktur im Vordergrund. Wir werden sehen, wie sich dieser Wein entwickelt (erst kurz in der Flasche). Sicher outstanding!

2012 Oxhoft
10 % ZW, 50 % BF, 15 % ME, 25 % CS. 2 Jahre Barrique. Ernte: 3.9. bis 3.10. Ganz frisch gefüllt. Hitzige Cremigkeit. Knüpft an 2003 an, dürfte aber eleganter und strukturierter werden. Dicht. Marzipan-Anklänge.