Elsässer Fabelweine – Domaine Trimbach

Einige der größten Rieslinge und Gewürztraminer stammen aus dem Elsass.

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Wo heute ca. 15.000 Hektar in dem lang gezogenen Gebiet im Osten Frankreichs, eingeklemmt zwischen den Vogesen im Westen und dem Rhein im Osten, bearbeitet (AOCStatus) werden, betrieben bereits die Kelten Weinbau. Eine erste Blütezeit erfolgte unter römischer Herrschaft, später kam es zu einem Zusammenfluss romanischer und germanischer Einflüsse. Von der Karolingerzeit bis um 1600 wurden auf einer Fläche von damals 30.000 ha Wein erzeugt – die Kreszenzen zählten zu den Gefragtesten Europas. Diese Blüte endete abrupt mit dem Dreißigjährigen Krieg.

Die großen Lagen liegen nicht, wie man vielleicht vermuten würde, am Rhein, sondern an den südlich ausgerichteten Hängen der Vogesen. Das Elsass – l‘Alsace – besteht aus den Regionen Hoch- und Niederrhein (Bas-Rhin und Haut-Rhin – Letztere klimatisch begünstigter). Innovative und engagierte Winzer führten die Region wieder heran an die Weißwein-Weltspitze. Ich trinke in Frankreich im Restaurant oft elsässische Weine zu Meeresfrüchten und wurde selten enttäuscht. Etwa 15 % der Weine aus dem Elsass werden biologisch bzw. biodynamisch ausgebaut, wobei die Tendenz steigt. Erkennbar sind diese Produkte meist am Bio-Siegel „AB“ (steht für „Agriculture Biologique“), das üblicherweise am Rückenetikett zu finden ist.

Terroir und Grand-Cru-Lagen

Die Böden sind geologisch äußerst diversifiziert. In hoch gelegenen Weingärten findet sich oft roter Sandstein, Gneis, Granit oder Schiefer. Bei etwas tieferen Rieden ist der Boden neben dem verbreiteten Sandstein häufig aus Kalkstein, Ton und Mergel zusammengesetzt.
Das Straßburger Münster besteht aus eben diesem Vogesen-Sandstein („Grès des Vosges“). Die unteren Lagen mit Ton und Sedimenten sind weniger interessant und bringen kaum Spitzenweine hervor. Eine Änderung der nicht sehr renommierten AOC-Bezeichnung ist wohl nicht erforderlich, da seit 1975 die „AOC Alsace Grand Cru“mit Lagenbezeichnung und Rebsorte besteht. Es existieren ca. 50 Einzellagen, die
nur mit Riesling, Gewürztraminer, Pinot gris oder Muskat (Muscat d’Alsace) bepflanzt
sein dürfen. Für Schaumwein-Liebhaber interessant ist die nach der Champagner-Methode produzierte „A.O.C. Crémant d’Alsace“. Dafür zugelassen sind Burgunder-Sorten, Riesling und Auxerrois. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr überzeugend.

Trimbach.pur

Die Domaine Trimbach ist einer der bedeutendsten Erzeuger des Elsass mit Sitz in Ribeauville. In zehn Jahren wird der Familienbetrieb sein 400-jähriges Jubiläum feiern (Bestand seit 1626). Die beiden kongenialen Brüder Pierre Trimbach (zuständig für die Weingärten und auch der Kellermeister) und Jean Trimbach (kaufmännische Leitung, Verkauf) führen den Betrieb in der zwölften Generation. Das Unternehmen ist im Export äußerst erfolgreich. Vom Hause Trimbach stammt mehr als ein Drittel aller in die USA exportierten Elsässer Weine, davon überwiegend Riesling. Damit wären wir auch bei der
absoluten Stärke dieses Weingutes.

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Egon Müller, ein Doyen des deutschen Weinbaues, meinte bei unserer Verkostung: „Der beste trockene Riesling der Welt ist zweifellos Clos Sainte Hune.“ Diese Aussage hat wohl Gewicht. Die Elsässer Rieslinge sind mit ihrer Struktur und Aromatik irgendwo zwischen den leichtgewichtigeren deutschen
Elaboraten von der Mosel und den viskoseren und stoffigeren österreichischen Erzeugnissen angesiedelt. Obwohl sie physiologisch knochentrocken sind (Der Restzucker liegt oft unter einem Gramm!), wirken sie infolge ihres Extraktes und der tiefen Mineralität blumig und lang. Mich fasziniert besonders, wie diese großen Rieslinge die exakten Spiegel ihres Jahrganges sind und je nach
klimatischen Voraussetzungen in einem ungemein weiten Spektrum zwischen beinahe hitziger und exotischer Aromatik und kühler Eleganz changieren. Die Säure war mir nie zu hoch; ist sie kräftig, brauchen die Weine eben (teilweise Jahrzehnte) Flaschenreife. Ceterum censeo vinum non delendam esse!

Riesling „Frédéric Emile“

Der Name wird seit 1967 verwendet, vorher hieß derselbe Wein „Grand Reserve“. Es ist eine generell mineralische Lage mit oft salzigem Flair. Die Jahrgänge unterscheiden sich deutlich, in den 1970er Jahren gab es zum Beispiel nur zwei große Jahrgänge, 1971 und 1976, zwischen 2000 und 2015 waren es laut Jean Trimbach hingegen bereits elf große Jahrgänge. Die Klima änderung schadet dem Elsass (noch) nicht. Üppige und heiße Jahrgänge gefielen mir nur selektiv (z. B.1989 oder 2009), während kühleres Klima oft unterschätzte Weine hervorbrachte (1975!). Der Boden besteht aus einer drei Meter dicken Kalkschicht, darunter findet sich Sandstein. Die Weingärten sind nach Süden und nach Südosten ausgerichtet. Spätlesen gibt es nur in wenigen Jahren, da der Westwind die Trauben „auftrocknet“ und so die Edelschimmelbildung verhindert, der letzte Botrytis-Jahrgang war 2001. Die Spätlesen hatten für
mich aber durchgängig weniger Finesse als ihre trockenen Brüder.

Riesling Saint Hune

Riesling „Clos Sainte Hune“

Der Weingarten ist 1,7 Hektar groß, die Pflanzen sind im Durchschnitt 50 Jahre alt, teils auch älter. Die Besitzer wissen nicht, wie alt einzelne Stöcke sind, die wohl aus dem 19. Jahrhundert stammen. Das Produkt ist rar und mit einem Preis deutlich über 150 Euro bei den aktuellen Jahrgängen nicht gerade wohlfeil. Für eingefleischte Riesling-Fans mit einer langen Keller-Strategie (10 bis 20 Jahre Flaschenreife je nach Jahrgang) ist er natürlich empfehlenswert. Die Mineralik, die Eleganz und das komplexe, weit gefächerte Aromenspektrum sind einzigartig. Mir gefiel, dass der Duft niemals verhalten war, sondern intensiv, um nicht zu sagen parfümiert und je nach Jahrgang blumiger oder würziger. Der Boden besteht aus Kalk und Muschelkalk. Der Hektarertrag liegt etwa bei 50 hl pro Hektar. Die Säure pendelt sich im Schnitt etwa bei 7,5 Promille und der Alkohol in der jüngeren Zeit meist zwischen 13 und 13,5 % ein. Trotz des üppigen Extrakts und der oft parfümierten Nase weisen die Weine einen Restzucker von nur 1 bis 2 Gramm, oft auch darunter (2007) auf. Ich hatte trotz dieser Parameter meist ein Gefühl von wirklich feiner Balance.

Gewürztraminer.pur

Im Unterschied zu den leichtgewichtigeren Südtiroler Gewürztraminern sind die Elsässer mit ihrer üppigen Textur für viele Weinliebhaber gewöhnungsbedürftig. Wer breite Opulenz schätzt, kommt hier voll auf seine Kosten. Werden sie überreif gelesen, ergeben die Gewürztaminer (aber auch andere Sorten) sog. „vendanges tardives“ (Spätlesen) oder „sélection de grains nobles“ (Beeren- bzw. Trockenbeerenauslesen), die lieblich sind und oft likörig schmecken. Für mich liegt die Stärke der Domaine Trimbach eindeutig bei den trockenen Rieslingen. Die elegantesten Gewürztraminer des Elsass trank ich von der Domaine Zind-Humbrecht aus Turckheim, wo das Terroir für die Sorte perfekt sein dürfte.

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Zuckergrade

Für Konsumenten ist es, abgesehen von wirklich trockenen Rieslingen, generell schwierig, den Weinstil der konkreten Flasche einzuschätzen. Manche Betriebe tragen dem bereits Rechnung, indem sie die Zuckergrade auf einer Skala (meist 1 bis 10) darstellen. Es wäre für das Marketing und den Handel essenziell, wenn dies auf dem Rücken etikett immer ausgewiesen würde, um dem Kunden die Wahl zu erleichtern. Sollten Sie das Elsass bereisen, besuchen Sie unbedingt das großartige „Musée Unterlinden“ in Colmar mit dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Im Vergleich zu anderen Museen ist es klein, fein, aber unverzichtbar … so wie die weißen Fabelweine des Elsass in der großen weiten Weinwelt.

Domaine Trimbach.pur

Die Verkostung fand am 13. November 2015 in Anwesenheit von Nicole und Jean Trimbach bei der Familie Wolf am Attersee statt (www.weinart.at), die gleichzeitig auch Importeur und Bezugsquelle der Domaine für Österreich ist. Für wein.pur verkostete Wolfgang Kiechl.

Weltklasse („5 Gläser“: 96 – 97 P.) waren nach Meinung des Autors der Riesling „Cuvée Frédéric Emile“ 1989 und der Riesling „Clos Sainte Hune“ 1975 und 1995. Besonders empfehlenswert (gehobene „4 Gläser“: 94 – 95 P.) waren nach Meinung des Autors: Riesling „Clos Sainte Hune“ 2008, 2005, 1990; Riesling „Cuvée Frédéric Emile“ 1995; Gewürztraminer „Cuvée des Seigneurs de Ribeaupierre“ 1976 und Gewürztraminer „Sélection de Grains Nobles“ 2007.

2010 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
Kleiner Jahrgang, hohe Selektion (Ertrag: 15 hl pro Hektar), Botrytis konnte nicht ganz vermieden werden. Charakterstark, aber etwas extrem: Balsamik (Schweiß), Marille, Rhabarber.

2009 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
In schöner Balance. Mehr „Süße“ als üblich (13,8 % Alkohol sind gut verarbeitet). Extrakttief. Exotisch: Kokos. Passender Säure- Druck.

2008 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
Beeindruckende klare Mineralik. Hohe Säure. Zitronig und elegant, derzeit noch zu jung – harrt einer großen Zukunft.

2007 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
Knochentrocken (weniger als 0,7 g Zucker pro Liter). Stringente Struktur, trotzdem balanciert. Leichter Karamell-Ton, Pfirsichschalen. Zartes Petrol.

2005 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
Mir ist der umjubelte Jahrgang zu „fett“. Rosinig, fast etwas überreif. Starke pflaumenweinige Aromen.

2002 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
Sehr schöne Balance aller Parameter (Säure, Zucker etc.). Limette, genug Extrakt, klassisch und noch nicht am Zenit, Hauch von Petrol.

1995 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
Kräuter-Würze, Liebstöckel, Rhabarber, Lindenblüten-Honig, jodige Mineralität, knackige Säure, starker Stoff!

1989 Riesling Cuvée
Frédéric Emile
Opulente Struktur (vergleichbar heißes Jahr wie 2009). Herrlich gereift: Orangenzesten, wie parfümiert! Karamell. Elegante Balance. Staubtrocken, aber doch üppig im Extrakt. Am Zenit, aber nicht darüber. Groß!

2009 Riesling
Clos Sainte Hune
Verhältnismäßig hitzige Aromatik: Marzipan, sogar „Mottenkugeln“. Charakterstark, üppig und „extrem“.

2008 Riesling
Clos Sainte Hune
Viel zu jung, ein Wein mit hohem Potenzial. Herrlich würzig. Salzig und mineralisch. Dicht und elegant zugleich.

2007 Riesling
Clos Sainte Hune
Weingartenpfirsich. Exotik: Ananas. Staubzucker, trotzdem üppig im Extrakt. Spannend und sortentypisch.

2005 Riesling
Clos Sainte Hune
Weit besser als sein Jahrgangsvetter „Frédéric Emile“. Hohe spürbare Mineralität. Hier ausreichender Säuredruck. Würze. Ein Hauch von Zwetschke. Alkohol gut integriert.

1995 Riesling
Clos Sainte Hune
Wieder ein starker Charakter: jodige Salzigkeit. Marille, herrliche Exotik, die Botrytis wirkt hier besonders charmant und evoziert einen Maiglöckchen-Duft!

1990 Riesling
Clos Sainte Hune
Klassisch gereifte Riesling-Aromatik: Firn! Pfirsich-Schale, hohe Mineralik, Rhabarber, wieder eingebundene Botrytis.

1983 Riesling
Clos Sainte Hune
Völlig anders als etwa 1975: Lindenblüten-Honig, tabakig, opulent, Marzipan, leichter Waldboden, spürbare Botrytis.

1975 Riesling
Clos Sainte Hune
Unfassbar: Der Wein ist großartig und am Höhepunkt. Würztönig (Liebstöckel, Estragon), karamellig, Citrus-Aromen, für mich botrytisfrei (Zuckergrade damals bei der Ernte 85° Öchsle). Großartig!

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2012 Pinot gris Réserve
Personelle
Fast überbordend. Etwas klarer und weniger ölig als 2010, bedarf aber langer Reifung.

2010 Pinot gris Réserve

Personelle
35 g Restzucker, 14 %. Entsprechend süß, üppig und weit gefächert ist der Wein. Frucht (Birnen-Anklänge) im Hintergrund.

2008 Pinot gris Réserve
Personelle Magnum
Restzucker (12 Gramm pro Liter). Orangenschalen, etwas bitter und breit.

1996 Pinot gris Réserve Personelle
„Hommage à Georgette”
Üppige Botrytis, Orangenschalen, „ölig”. Auch hier ein Maiglöckchen-Ton. Der interessanteste Pinot gris dieser Serie.

2008 Gewürztraminer Cuvée
des Seigneurs de Ribeaupierre
Sortentypisch wie parfümiert, ausreichend Säure. Üppig, leichtes Petrol.

2005 Gewürztraminer
Cuvée des Seigneurs de Ribeaupierre
Sehr viskos und likörig, dahinter allerdings puffernde Mineralität. Pflaumige Frucht.

1990 Gewürztraminer
Cuvée des Seigneurs de Ribeaupierre
Ein ganz typischer Vertreter, wie parfümiert. Würze (Berberitzen). Likörig.

1976 Gewürztraminer
Cuvée des Seigneurs de Ribeaupierre
„350ième Anniversaire“ (350ster Jahrgang). In Würde gereift: Orangenschalen, Mandarinen, traubig, natür lich opulent, dabei allerdings mineralisch und salzig, daher in der Süße „gepuffert“. Integrierte Tertiäraromen.

2001 Riesling
Cuvée Frédéric Emile Vendange tardive
Die bislang letzte gefüllte Spätlese. Klare Riesling-Aromatik: Rhabarber, 25 g Restzucker. Durchaus in der Balance; der Beste der Spätlesen.

1990 Riesling
Cuvée Frédéric Emile Vendange tardive
Warme Aromatik, opulent, würzig, dabei nicht schwerfällig.

1989 Riesling
Cuvée Frédéric Emile Vendange tardive
Fast harzige Anklänge, bittertönig (Aspirin), dicht in der Textur.

1983 Riesling
Cuvée Frédéric Emile Vendange tardive
Pfefferminze, integrative Bittertöne, noch spürbare Mineralität, trotz des großen Jahrganges etwas zu undifferenziert.

2007 Gewürztraminer
Sélection de Grains Nobles
Der größte Prädikatswein des Abends: Pfirsich, Exotik: Ananas, druckvoll, dicht, opulent, salzig, harrt einer großen Zukunft.

2001 Gewürztraminer
Sélection de Grains Nobles
In der Aromatik spannender als die noch älteren Weine: Exotik, Kochbanane. Keine störenden Tertiärund Bitteraromen.

1989 Gewürztraminer
Sélection de Grains Nobles
(Geerntet bei 165° Öchsle). Lindenblüten-Honig. Beeindruckend in seiner druckvollen Süße. Komplexität kommt vielleicht noch in der Zukunft?

1967 Gewürztraminer
Sélection de GrainsNobles
(Geerntet bei 128° Öchsle). Opulent. Orangenschale, integrative Bittertöne, extrem viskos, überbordend.