Chateau Lafite

Château Lafite

Vier Jahrhunderte nahe dem Olymp

Die konkurrenzlose Langlebigkeit und Eleganz des Grand Vin von Château Lafite beweisen uns, dass die Struktur das wahre Maß der Größe ist.

Balance ist wichtiger als Konzentration und vordergründige Kraft. Gott sei Dank kann uns niemand verraten, warum gerade diese manchmal fast filigran anmutenden Essenzen immer wieder die größte Haltbarkeit in der Weinwelt beweisen. Luxus.pur Während in der Finanzkrise die Châteaus von Bordeaux Preiskorrekturen von durchschnittlich 20% hinnehmen mussten, zeigt ein Blick auf die Weinbörse Liv Ex (www.liv-ex.com), dass dies für Château Lafite, für den sogar ein eigener Unterindex geführt wird, nicht gilt.

Die Preise boomen weiter (Lafite 1982 stieg etwa, Krise hin oder her, stetig auf 2.400 €). Grund für diese Entwicklung ist die kontinuierliche Nachfrage aus Asien. Mit der Zahl reicher und wohlhabender Chinesen steigen auch die Preise in höhere Sphären. Freche Zungen meinen, dass Lafite in China so populär sei, weil man den Namen dort aussprechen könne.

Der wahre Grund liegt woanders: Tradition spielt in Asien in allen Lebensbereichen eine entscheidende Rolle. Welches Weingut erzeugt/e in vier Jahrhunderten die langlebigsten und erstaunlichsten Kreszenzen!? Zugegeben: Nach 1959 hat Château Latour in der qualitativen Konti-nuität (zumindest bis 1996) die Nase vorn, aber vorher, vor allem vor dem Zweiten Weltkrieg und im 19. Jahrhundert, ist Lafite so einzigartig langlebig, dass wir beim Verkosten der alten Flaschen nur in ungläubiger Ehrfurcht vor der scheinbar ewigen Jugend verharren können. Die Jahrgänge 1929 und 1925 haben mich, bei entsprechendem Flaschenglück, sprachlos gemacht: Die zeitlosen Weine sind weit frischer, als jeder Mensch selben Alters es sein könnte.

Tradition.pur

Château Lafite 1Ein Blick weiter zurück ins 19. Jahrhundert ist noch eindeutiger: Die legendärsten Weine sind einsame Monumente, gemacht und gefüllt auf Lafite. Die Jahrgänge 1811 und vor allem 1864, 1865 und 1870 aus den goldenen zwanzig Jahren vor der Reblaus, gezogen auf uralten Rebstöcken, bieten aus guten Flaschen immer noch unglaubliche Geschmackserlebnisse, wenn wir den Kommentatoren glauben wollen, die diese Weine in den letzten Jahrzehnten fallweise gustieren durften:

Führende Autoren halten den 1864er seit über hundert Jahren für den besten Wein aller Zeiten, so auch Michael Broadbent und Mario Scheuermann, der das Glück hatte, eine perfekte Originalflasche 130 Jahre nach deren Füllung zu verkosten. Aber bereits im Barock war Lafite der berühmteste Name: Ludwig XV. erfreute sich nachhaltig an Lafite. Madame Pompadour wusste eben in allen Belangen, was sie ihrem König zuführen musste, um dessen Gunst zu erhalten. Einer der großen.

Kenner seiner Zeit, Thomas Jefferson, lernte als Botschafter in Paris Bordelais-Weine lieben und exportierte zahlreiche Gebinde, unter anderem Lafite des großen Jahrgangs 1787, in seine Heimat.

Die mit seinen Initialen markierten Weine sind begehrte Sammlerstücke. Wen wundert es also, dass Château Lafite bei der Pariser Weltausstellung 1855, als Primus inter Pares, zum Premier Cru klassifiziert wurde. 1868 gelangte das Gut in den Besitz von James de Rothschild und blieb seither im Familienbesitz. Seit 1975 leitet Eric de Rothschild kontinuierlich und erfolgreich die Geschicke. Die Asiaten haben Respekt vor der Größe und Weisheit des Alters: Vielleicht haben sie deshalb eine Vorliebe für Lafite!?

Terroir und Qualitätsmanagement

Château Lafite 2Eine kurze Schwächeperiode des Châteaus in den 1960er und 1970er Jahren zeigt, dass Qualitätsmanagement auch auf Lafite entscheidend ist und selbst großes Terroir Fehler schwer verzeiht. Mit Charles Chevallier hat sich der Eigentümer Eric de Rothschild die Dienste eines der besten Weinmacher der Welt gesichert (wein.pur berichtete in 03/2009, S. 60 ff.), der seine hohen Ansprüche (Mikromanagement jeder kleinsten Parzelle, Optimierung des Erntezeitpunktes mit hunderten Helfern, größte Selektion) umsetzt und seit 15 Jahren (wieder) am Zenit steht. Als profunder Kenner seiner Weingärten erhöhte Chevallier den Cabernet-Anteil im Erstwein deutlich. Die herausragenden Jahrgänge 1996, 2000, 2003, 2005 und nun auch 2008 sind die Früchte kompromissloser Arbeit.

Auf den Kieselerdeböden der „coteaux“ (sanfte Hügelchen – nichts anderes bedeutet das Wort „Lafite“, abgeleitet aus einem regionalen Dialekt) rund um das Château, mit idealer Sonnenausrichtung und Drainage, werden perfekte Trauben gezogen. Die Weinstöcke, die für den Erstwein Verwendung finden, sind im Schnitt 45 Jahre alt. Die älteste noch bewirtschaftete Parzelle „La Gravière“ wurde 1886 ausgepflanzt. Die lange Lebensdauer der Stöcke ist auch mit der geringen Düngung (nur etwas Stallmist) zu erklären. Sehr gute Resultate erzielt das Gut auch in sehr heißen Jahren, weil die Lage im nördlichsten Paulliac (5 Hektar liegen sogar in St. Estèphe) dann klimatisch begünstigt ist (vgl. etwa 2003, 1998, 1989). Eleganz.pur Ein Lafite punktet selten mit Wucht. Er wird daher in Zeiten überbordender Attacken auf Sinne und Geschmackspupillen manchmal unterschätzt. Der Wein braucht Entwicklung, Zeit, Aufmerksamkeit und dankt mit einzigartigem Genuss: Freuen wir uns also auf so manches Glas gereiften Lafite; dann fühlen auch wir sterblichen Weinliebhaber uns kurze Zeit nahe dem Olymp.

wein.pur.Tipp

Kleinere Jahrgänge sind günstiger zu erstehen und bereiten beim Dinner große Freude. Lafite 1970 mit seiner bissigen Mineralität (Feuerstein, Asche) und den Zitrusaromen passt perfekt zu fettem Meeresfisch (Kabeljau, Butterfisch, …). Vergleichbar einzusetzen, ist auch Lafite 1960. Die „grüneren“ Jahrgänge 1993, 1991 und 1985 hingegen passen sehr gut zu Gans, Ente und Wildgeflügel. Überraschen Sie sich und Ihre Gäste mit extravaganten Genüssen!

Lafite.pur

0 Château lafiteIch stelle Ihnen die besten Weine der Verkostung (September 2009 in Steinbach am Attersee, perfekt ausgerichtet von Familie Wolf/Weinart und „Landart“) vor. Bei der nachstehenden Weinbeschreibung habe ich jeweils angemerkt, ob die Weine meiner Meinung nach bereits trinkreif sind oder noch lagern sollten. Lagern Sie unbedingt noch die Jahrgänge von 1998 aufwärts (vor allem 2000 benötigt noch Jahrzehnte, 2003 noch mindestens 10 Jahre) und die ganz großen Jahrgänge 1996 und 1986, um sich nicht künftiger hedonistischer Höhepunkte zu berauben.Was ist typisch für Lafite: Die unglaubliche Lagerungsfähigkeit ist wie ein Mysterium. Eleganz, Balance, reife Tannine und hintergründige Kraft adeln den Wein. Sehr oft wirken die Weine herrlich parfümiert, wobei oft frische Zitrusnoten mitschwingen (wie in einem Sommerparfüm). Idealtypisch sind dafür etwa 2002, 2001, 1989, 1983, 1962, 1960, 1956, 1946, vor allem 1931 und 1929. Es scheint fast, als ob es jetzt Charles Chevallier wieder gelänge, die geheimnisvolle Note vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte wieder zu finden. 1959 fehlte leider bei der Verkostung.

0 Château lafite 12004 Kraftvolle Tannine, 90% Cabernet Sauvignon spiegeln sich in „Cassisfrucht“ und Stachelbeeraromen. Anfangs vegetabile Töne wandeln sich in buttrige Weichselnoten mit Extraktsüße. Lagern!

2003 Röstaromen und Zedernholz. Dahinter enorme Würze (Thymian). Toller Stoff: cremig, rauchig, vielschichtig. Zwetschke, Selcharomen, Wacholderbeere, Senfkörner, salzige Mineralität. Lagern!

2002 Frisch. Mittlerer Körper, präzise Säure, verhaltene Extraktsüße. Pflaumige Noten, (Lafite-typische) parfümierte Zitronenaromen. Lagern!

2001 Klare, fruchtige Aromen: Kirsche und Hagebutten ! Wieder leicht parfümiert, Tinte. Druckvolle Säure, Ausreichend balanciert. Lagern!

2000 Noch verschlossen. Die „ 2000er“ werden uns länger auf die Folter spannen. Betörende Süße. Vielschichtig: Zwetschken, Minze. Tolle Balance. Die ungeheure Mineralität geht im Mund bereits voll auf, noch nicht jedoch in der Nase. Großartige reife, knackige Tanninstruktur. Lagern!

1999 Rösttöne, Zedernholz, Rauchund Selcharomen. Geht mit dem Sauerstoff auf: Immer mehr Johannisbeere. Trotz dramatischer Selektion keine ganz reife Struktur. Mittelgewichtig, elegant. Lagern

1998 Dicht, kernig, konzentriert, geradezu heftige Tannine. Salzig-würzig. Preisel- und Johannisbeeren. Vielleicht der beste 98er am linken Ufer (19% Merlot!), aber (noch) nicht wirklich elegant. Lagern!

1997 Zedernholzaromen. Reife Primärfrucht. Macht Spaß: limonadig und leichtgewichtig. In der Reife bereits sehr weit. Trinkreif!

1996 Schwarze Johannisbeere und Schlehe. Anfänglich enormer, vegetabil unterlegter Druck, dann Fruchtsüße pur. Am Gaumen explodiert die jugendliche Botschaft in phantastische Aromenvielfalt: ein Potpourri von Pflaumen, kandierten Orangen, Gewürzen. Lagern!

1995 Süßer Cassis! Sogleich aber ein würziger, fast pfeffriger Druck. Elegant, dicht genug, kernige Tannine. Lagern (bereits anzutrinken)!

1993 Frische Paprika-dominierte Cabernetnase. Resche Säure, grüne Tannine. Fehlende Reife, aber durchaus animierend. Lagern!

1992 Zedernholz. Balsamische Töne. Extraktsüß. Weich und ausgewogen. Trinkreif! 1991 Das große Frostjahr: Nur wenige Güter nahe der Gironde konnten produzieren. Gefällige Röstaromen, Zedernholz. Unreife Paprikanoten, kratzige Tannine. Trinkreif!

0 Château lafite 21990 Elegant, süffig, fast weich, geringe Säure. Reife, seidige Tannine und salzige Mineralität geben dem Wein aber große Struktur. Schmeichelnde Süße. Tintenaromen. Lagern!

1989 Geradezu fleischig. Wieder parfü- miert mit Zitronenaromen! Salzige, saftige Würze. Druckvoll, limonadig. Verliert im Glas. Trinkreif!

1988 Fehlerhaft (Kork).

1986 Vielschichtig und großartig: Konzentrierte Kirschnoten. Menthol, mineralische Graphitwürze, Kautabak, Mocca, extrem dichte, reife Tannine. Große Fülle, perfekte Struktur. Noch viele Jahrzehnte! Lagern!

1985 Grüntönig: Paprika, frische Johannisbeere. Fruchtnoten. Leichtgewichtig. Trinkreif!

1983 Tabakige Cabernetreife. Pflaumenaromen, „Lafiteparfüm nach Zitronen“, Mentholnoten. Limonadig. Seidige Textur. Trinkreif!

1982 Feine, filigrane Nase: Schwarzteekern. Herrliche, elegante Balance. Säuredruck – reife Tannine – Mineralität. Saftig, karamellisierend! Perfekte Flasche! Lagern oder trinken, das ist hier die Frage!

1981 (Imperial) Süße, schmeichelnde Frucht (Kompott!). Feinblättrig. Elegante, seidige Textur, Tabak. Trinkreif!

1979 (Magnum) Oxidative Aromen – Medizinalton. Ruppige Tannine. Am Gaumen noch präsent. Trinkreif!

1978 Grasige Aromen! Leichtgewichtig. Später Stallgeruch. Trinkreif!

1976 (Doppelmagnum) Aus der Großflasche eine echte Überraschung: der beste 70er auf Lafite! Zedernholz, rauchig, mineralisches Graphit, dabei tiefe Extraktsüße. Metallische Noten. Frisch. Tolles Produkt eines heißen Jahres. Trinkreif!

1975 Medizinaltöne nach Hustensaft, Kernöl, später seifig üppige Pflaumenmarmelade. Lebendig. Genug Druck. Trinkreif!

1971 Blutorange, feuchtes Laub, kitschiges Kinderzuckerl, dabei gefällig. leichtgewichtig.

1970 (Jeroboam) Zitronentöne, Feuerstein! Kalte Asche, erdbeerig, später feuchtes  Laub. Leichtgewichtig, aber aus der Großflasche, elegant und ein groß- artiger Speisenbegleiter. Trinkreif!

1969 (Doppelmagnum) Laub, Todessüße, trocken und spröd. Trinkreif!

1967 Sekundäraromen nach Unterholz. Salzige Mineralität hält den Wein noch am Leben. Trinkreif!

1966 (Imperial) Aus der Großflasche großartig: Röstaromen, Mocca, Zedernholz, Schokoladentöne. Karamellig-fleischig, frisch und adstringierend, später Gummi-Arabicum. Balanciert. Trinkreif!

1964 Klare, präzise, saubere elegante Fruchtnoten. Präsente Tannine. Wirkt jünger. Trinkreif!

1963 Humus, Jod, später Zimttöne. Leichtgewichtig. Trinkreif!

1962 Ein beachtlicher 62er! HimbeerenZitronentöne, „Lafiteparfüm“, leichtgewichtig, (limonadig) frisch und animierend. Trinkreif!

1961 Anfangs verschlossen; jugendlich, keinerlei Sekundärtöne! Tiefe, labende Süße, milde Säure. Entwickelt sich langsam: Schokolade, Herzkirsche, Tinte. Marmeladige, mundfüllende Tannine. Großartige Flasche. Trinkreif (noch lagerbar)!

1960 (Imperial) Wunderbar aus der Großflasche, wieder kalte Asche, Mineralität, Rauchtöne, druckvolle Süße, weich, aber lebendig. Dörrobst und Zitronenparfüm. Verliert im Glas. Trinkreif! neralität. Wieder der elegante, fast klassische Parfümton. Bleibt im Glas eine Stunde stabil. Trinkreif!

1955 Großartig: Röstaromen, Zedernholz, hoher, frischer und zupackender Druck. Metallige Noten. Wirkt jugendlich. Dabei enorm elegant! Trinkreif (noch lagerbar)!

1953 Der 53er war nach bereits 4 Jahren trinkreif und hatte von Beginn an eine seidige Tanninstruktur. Der legendäre Wein wird merklich „älter“. Gereifte Kirschnoten unterlegt mit floralen Aromen. Betö- rende Süße. Immer noch kompakt bei vollendeter Balance. Eine verführerische reife Diva. Keine ganz optimale Flasche. Trinkreif!

1948 Medizinaltöne. Ein beachtlicher sü- ßer Nachhall. Der langlebige, erstaunlich junge Vertreter eines Tanninjahres. Trinkreif!

1947 Champignonaromen. Harte Tannine, leichter Flaschenfehler. Trinkreif!

1946 Höhepunkt einer großartigen 40er Serie! Wieder betörendes Zitronenparfüm, Frische am Gaumen, Säure und Tanninstruktur noch fest und plötzlich dieser phantastische Weihrauchgeruch! Da verzeihe ich das scharfe Ende. Trinkreif!

1931 Seifiges Zitronenparfüm, ein Flash, dahinter Pilztöne, Laub, Zimt. Metallischer Charakter. Ein würdig gereifter, großer Lafite. Trinkreif!

1929 Unverbrauchte, unglaublich dichte Farbe: fast zu gut, um wahr zu sein (Serena Sutcliffe, MW, und David Peppercorn, MW, hielten die Flasche auch nicht für eine Fälschung). Charmant/groß/vielschichtig. Unglaublich: Pflaume mit Kräutern und Parfüm. Die Tannine leben. Säure präsent. Dicht, mundfüllend. Da dürfte Parker 1991 eine schlechte Flasche erwischt haben. Grandios! Trinkreif! (Sogar noch lagerbar!)

1928 Tolle Verfassung. Kräuteraromen: Stangensellerie und Petersilie, dicht genug am Gaumen. Geringer Alkohol. Steht im Glas mehr als eine halbe Stunde. Auch hier hatte Parker wohl Flaschenpech. Trink-reif!

1925 Der dritte Wein einer unglaublichen 20er Serie! Frisch, elegant, beachtliche Struktur, waldbeerig. Bissig, saftig. Holztöne, ein heißer Sommer und ein Traumjahr im St. Estèphe und auch im nördlichsten Paulliac. Wow! Trinkreif!

1886 Helle Cognacfarbe. Likörig, Baileys. Vanilleschoten und Orangenlikör. Esoterisch! Steht im Glas. Schwieriges Jahr mit Krankheiten vor der Reblaus, trotzdem beachtlich für mehr als 120 Jahre. Trinkreif!

Top.Jahrgänge

Weltklasse

1925: betörend reif und doch so frisch

1929: charismatisch gereifte Eleganz

1946: geschwängert von Weihrauch

1953: eine reife Diva im orientalischen Garten

1955: brillante Mineralik 1961: betörende Extraktsüße

1982: Eleganz in Vollendung

1986: Kraft und Statur für die nächste Generation

1996: ein extravaganter Gigant

2000: Balance in Vollendung

2003: unüberbietbare Röstaromen

Exzellent

1928, 1931, 1948, 1960, 1966, 1970, 1976, 1983, 1989, 1995, 1998, 1999, 2001, 2002, 2004