Moncerbal Descendientes de J. Palacios 2003 und Vega-Sicilia Unico 1998

„Gott hat uns in der Schöpfung frei gemacht. Eine spirituelle Einmischung in das persönliche Leben ist daher nicht möglich.“ Das Zitat stammt nicht vom Aufklärer Denis Diderot, dessen 300. Geburtstages wir gedenken sollten, sondern – o tempora, o mores – von Papst Franziskus. Auch unser Moncerbal von einem Berg, an dem schon im Mittelalter Mönche zu Werke waren, bietet inspirierende Überraschungen.

Der Weingarten erbringt auf schuppigen Böden mit Kreide-, Quarz- und Marmoreinlagerungen jährlich 2.000 Flaschen Ertrag. Die DO Bierzo im äußersten Westen Kastiliens/ León sollten Sie sich merken: Dort gedeiht autochthoner Mencia, der immer mehr zum spanischen Botschafter einer ungeahnten, burgunderähnlichen Leichtigkeit wird. Unser Wein ist mineralisch unterlegt, seidig und nicht überladen. Der vollendete Duft nach Orangenblüten und Heckenrosen adelt ihn wie ein Parfum und erinnert mich an eine Création von Serge Lutens.

2003 und 1998 herrschte (auch) in Iberien gnadenlose Gluthitze. Was der Moncerbal in eine ungeahnte Charme-Offensive transformiert, konzentriert sich im Vega-Sicilia Unico 1998 (90% Tinto Fino/CS) in monströsen Gerbstoffen. Es bedarf Mutes, solchen Stoff in Flaschen zu füllen. In seine Entwicklung, die vielleicht zur Trinkfreude führen wird, können wir uns nicht einmischen. Eine philosophische Durchdringung des „panta rhei“ ist aber möglich.

Die entscheidende Frage, so Albert Camus, sei jene, ob sich das Leben lohne oder nicht; er hat dies für sich wohl beantwortet: „… wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“ Ein geplatzter Autoreifen im Winter 1960 ersparte ihm allzu anstrengende Wiederholungen mit seiner gequälten tuberkulösen Lunge. Wenn Ikarus längst ins Meer der Oxidation gefallen sein wird (Mencia neigt dazu), wird Thanatos vielleicht dereinst Gnade walten lassen (und frevelnde Tannine entfesseln).