Cheval Blanc – Die Verkostung

Die Weine wurden am 12.11.2010 in Steinbach am Attersee (Familie Wolf, Weinart) an einem Abend verkostet. Es fehlten die kaum bezahlbaren Jahrhundert- Jahrgänge 1921 und 1947, die aus optimalen, nicht gefälschten Flaschen schwer zu erlangen sind. Die Qualität der gebotenen Weine, auch der Flaschen aus den Weltkriegen, war hervorragend.

Cheval Blanc.pur

0 Cheval Blanc - Die Verkostung1916 Würziger Geruch, Anklänge nach Thymian. Erhebliche Tertiäraromen: Unterholz, feuchtes Leder. Präsente Süße. Trinkreif.

1917 Erstaunlich frisch! Der erste Eindruck ist mineralisch jodig! Später entstehen vielfältige Aromen, etwa nach Blutorange, Pfingstrosen! Beachtliche Struktur; festes TanninGerüst! Trinkreif.

1919 Anfänglich Medizinal-Töne (Hustensaft!). Abgründiger Fleischgeruch! Geht im Glas nicht unter, sondern entwickelt eine morbide Floralität: Verblühende Maiglöckchen! Beachtliche Extraktsüße. Trinkreif.

1923 Farblich sehr weit entwickelt. Leichtgewichtig. Estragonwürze, Senfkörner! Frech und noch lebendig. Trinkreif.

1928 Großartig! Ungemein explosiver und tiefer beeindruckender Geruch nach Schachtelhalmen! Kompakte, balancierte tolle Struktur mit labender Süße und reifen Tanninen. Betö- rend und nachhaltig! Trinkreif (allenfalls sogar noch lagerbar).

1930 Morbid und mineralisch: Feuerstein, Jod! Dabei charakterstark und schmeichelnd. Trinkreif.

1936 Fehlerhaft 1937 Welch Opulenz und Tiefe: Zuerst überwiegt Tintenaroma, metallisch unterlegt. Seidig und trotzdem zupackend. Mit der Entwicklung im Glas entstehen florale, später leicht seifige Rosen-Töne. Großartig! Trinkreif.

1938 Fruchtig – marmeladig. Balsamische Anklänge nach Kinderschweiß. Süffig, butterweich und opulent. Später kommt eine gewisse Exotik: Eukalyptus! Trinkreif.

1940 Glasklare, fast verhaltene Nase: Himbeere! Ausreichende Balance, saftig, limonadig. Höchste Tanninreife. Trinkreif. 1941 Wieder ein mineralischer Jahrgang: Tinte, Grafit. Kirsch-Aromen. Fruchtige Vegetabilität: Rote Beete! Druckvoll, Balanciert. Trinkreif.

1943 Klare Weichsel-Aromen. Erdige, bodenständige Untertöne. Die Orangen-Noten werden mit der Oxidation immer stärker. Mittelgewichtig. Mittlere Reife. Trinkreif.

1946 Parfümiert! Himbeer-Zuckerwatte. Bereits etwas mürbe und über dem Horizont. Trinkreif.

1949 Der berühmte Wein aus der 100-Punkte-Dreier-Serie 1947 bis 1949. Hier leider fehlerhaft, Kork!

1959 Ein opulenter und würdiger Nachfolger des berühmten 1947ers: dickflüssige Weichselfrucht („Mon Chéri“!) opulent, fast siruphaft im positiven Sinn. Trotz dichtester Extraktsüße in der Balance. Superreife Tannine. Ausreichend Säure. Mit der Oxidation kommt Komplexität: Typische Rosen-Aromen! Beeindruckend! Trinkreif, aber noch lagerbar!

1961 Was für ein Wein: Betörende Süße! Dabei aber unglaublich komplex. Königliche Eleganz statt überbordender Opulenz! Wieder ein ganz großer 61er (mit HautBrion und La Tour Jahrgangsbester!). 1.001 Düfte: Kakaobohne, Nougatschokolade, orientalische Gärten. Zart balsamisch und würzig! Salzig mineralisch unterlegt. Trinkreif (was soll noch besser werden!), allenfalls noch kurz lagerbar.

1966 Puderzucker, Eukalyptus. Keine optimale Tannin-Reife. Außerhalb der Balance. Trinkreif. 1970 Leichtgewichtig. Anklänge nach Küchengewürzen und Tabak. Dabei aber süffig und passabel. Trinkreif.

1971 (Doppelmagnum) Mit Großflaschenvorteil noch ein Trinkgenuss. Saubere Nase nach Schwarzkirsche. Kaum Tertiäraromen. Mundfüllende, kernige Tannine. Opulenz im kleineren Maß- stab. Parfum nach Kinderpuder. Trinkreif.

1973 Sehr leichtgewichtig. Burgundisches Flair, Kaffeebohnen. Aber kein Essig (wie Parker urteilt). Trinkreif. 1974 Weichselfrucht mit Veilchen-Noten. Leichtgewichtig, frisch und jetzt trinkreif.

1975 Korkfehler 1978 Mittelgewichtig: Rosenseife! Zuerst aufflackernde Frische, dann Tertiär- und Rauch-Aromen mit der Oxidation. Trinkreif.

1979 (Doppelmagnum) Unspezifische lackige Aromen. Tanninsüße. Leichtgewichtig. Trinkreif. 1981 (Imperial) Fehlerhaft, Madeira-Nase!

1982 Opulente, schmeichelnde Süße: Weiße Schokolade! Dabei erdig und bodenständig. Integrativ und balanciert. Relativ verschlossen und bei weitem nicht so opulent wie der 59er oder so komplex wie der 61er. Lagern!

1985 (Magnum) Mittelgewichtig, aromatisch, keine Tertiäraromen. Interessante seltene Noten nach Latschenkiefer und ätherischen Ölen. Später Kokos-Anklänge! Dickflüssig und komplex. Trinkreif, aber noch lagerbar.

1986 Fehlerhafte Flasche.

1988 Mürbe, dabei aber charmant. Weichsel und Marzipan! Trinkreif.

1989 Dichte, aber fast unangenehm harzige Merlot-Aromen. Grafit – Cassis! Mir zu marmeladig und zu wenig differenziert. Nach Ansicht einiger Verkoster zu jung. Für mich fehlt es an der Struktur. Trinkreif (wird wohl nicht besser).

1990 Wieder ein großer Wein! Ungemein komplex: Zedernholz, Mokka, Vanilleschoten, Kokosflocken, Exotik! Durchaus jahrgangstypisch (vom Aromenspektrum Margaux 1990 nicht unähnlich). Geringe Säure durch Tannin-Struktur kompensiert. Ausreichend druckvoll, opulent und seidig. Trinkreif, aber noch lagerbar.

1992: Würzige Zwetschken-Nase mit Vanilleschoten. Holprig, leichtgewichtig, aber nicht alt. Trinkreif.

1995 Tiefe Kirsch-Nase, würzig unterlegt. Dichte, straffe Tannine. Adstringierend. Später Rosenseife! Lagern! 1996 Präzise Pflaumen-Frucht. RöstAromen, rauchige Töne. Wirkt herb, aber nicht unreif. Noch Potenzial! Lagern!

1997 Leichtgewichtig, dabei aber bissig und kernig. Flache Säure mit verhaltenen Fruchtaromen. Trinkreif.

1998 Einer der Jahrgangsbesten! Fleischiger, körperreicher, opulenter, würziger Flash: Fenchelsamen, Liebstöckel! Das Holz ist nun bereits zur Gänze verarbeitet. Vor einigen Jahren dominierte noch Holz-Vanille! Dichte, balancierte Struktur. Bereits ausreichend komplex, aber ein Versprechen für die Zukunft! Groß, saftig, seidig! Lagern!

1999 Hier ausnahmsweise 59% Merlot! Für den Jahrgang erstaunlich likörig, opulenter Stil: mundfüllend, geradezu marmeladig. Weichseltönig. Ausreichendes Säurerückgrat. Rosenseife! Einer der Jahrgangsbesten. Lagern!

2000 (53% Merlot, 47% CF) Schmeichelnde, seidenweiche KaschmirTannine. Elegant und opulent. Beginnende Komplexität: Menthol, Heidelbeere, Walnüsse, Likörsüße! Mäßige Säure. Großes Potenzial! (Lange) Lagern!

2001 Frische Primäraromen: Preiselbeeren. Eukalyptus, Rosenseife. Kernig, dicht, balanciert. Knackige Säure. Antrinkbar, aber noch lagern!

2002 Ganz anders wie 2001: rauchig, erdig, dominierende Röst-Aromen. Später etwas Cassis. TanninReife nicht ganz optimal. Noch lagern!

2003 Wieder Toasting-Aromen nach Zedernholz und Vanille sowie Mokka. Für das Hitzejahr durchaus fruchtig und frisch. Nicht so gekocht wie viele Konkurrenten am Rechten Ufer. Lagern!

Die Besten im Weltklasse-Bereich

1928 – Ein betörendes, mystisches Ergebnis!

1937 – Welch tintige Mineralität! Der beste 1937er, den ich je trank!

1959 – Ein opulenter, dichter Gigant!

1961 – Einer der elegantesten Weine des 20. Jahrhunderts!

1982 – Schmeichelnde Süße!

1990 – Ein exotisches Paradies!

1998 – Spektakulär, fleischig und würzig!

2000 – Ja, das sind seidenweiche Kaschmir-Tannine!